Mukoploysaccharidose
Damit ich mich an dieser Stelle nicht wiederhole, verweise ich hier auf die Seite der MPS-Gesellschaft e.v., die bereits sehr viele Informationen im Internet zu Verfügung stellt.
Ein Auszug:
Mukopolysaccharidosen (abgekürzt MPS) sind seltene, erblich bedingte Stoffwechsel-Störungen. Patienten, die mit dieser Krankheit zur Welte kommen, können Enzyme nicht produzieren, die für den Stoffwechsel bestimmter Bestandteile im Körper (Mukopolysaccharide) verantwortlich sind. Die pathologisch vermehrten Stoffwechselprodukte häufen sich in den Geweben an und führen zur Schädigung verschiedenster Organe (Skelett, Gehirn, Herz, Leber). Gibt es eine Therapie? Unter welchen Namen sind die Mukopolysaccharidosen besser bekannt ?
Es gibt 6 Hauptformen, die jeweils durch den Defekt eines anderen Enzyms bedingt sind. Medizinisch werden sie eingeteilt in MPS I, II, III, IV, VI und VII. Doch oft sind sie besser bekannt als Hurler, Scheie, Hunter, Sanfilippo, Morquio, Maroteaux-Lamy und Sly-Krankheit. In vielen Fällen sind sie mit einer zunehmenden geistigen Behinderung kombiniert, die wechselnd stark ausgeprägt sein kann. Die meisten Mukopolysaccharidosen zeigen einen zunehmend schweren Verlauf und führen oft schon im Jugendalter zum Tod.
Typ III (Sanfilippo-Krankheit)
Die Sanfilippo-Krankheit ist die häufigste Mukopolysaccharidose, sie wurde zum ersten Mal im Jahre 1963 von dem amerikanischen Kinderarzt Sanfilippo beschrieben. Kinder mit Sanfilippo-Krankheit unterscheiden sich von anderen Mukopolysaccharidose-Patienten dadurch, daß sie nur geringe Veränderungen der Körpergestalt aufweisen (ihre Körpergröße kann normal sein), der Verlust der geistigen Fähigkeiten steht jedoch ganz imVordergrund der Symptomatik. Die ersten Krankheitszeichen treten gewöhnlich im Alter von 3 oder 4 Jahren auf, manchmal aber auch nach dem 6. oder vor dem 2. Lebensjahr. Die ersten typischen Symptome werden von den EItern beobachtet: Sie berichten von Schlaflosigkeit, Konzentrationsschwäche, Sprachstörungen und Verhaltensauffälligkeiten (unmotiviertes Lachen oder Weinen, häufige Aggressionen). Das Haar ist trocken und strähnig. Das Gesicht vergröbert sich, die Leber kann vergrößert sein. Die Sanfilippo-Krankheit unterteilt sich in 4 Untergruppen (A, B, C und D), die auf unterschiedlichen Enzym-Defekten beruhen. Typ A kommt in Deutschland am häufigsten vor. Die verschiedenen Typen des M. Sanfilippo weisen klinisch identische Symptome auf, eine exakte Diagnose kann deshalb nur durch eine biochemische Untersuchung in kultivierten Hautzellen (Fibroblasten) gestellt werden.
unsere Beobachtungen (in 2000)
Was wir selbst beobachtet haben: dicker Bauch wg. Leber und Milzvergrößerungen , Sprachentwicklungsverzögerung, zunehmende Unruhe, Leistenbruch, Nabelbruch, Kyfose, ständige Atemwegsinfekte, wenig Schlaf, -eher untypisch: Reflux. Bei manchen kommen noch Darmprobleme (ständiger Durchfall) hinzu. Wir beobachten bei Jonas (5) derzeit schon den Verlust von manchen Fähigkeiten (Sauberkeit: Jonas ist nicht bereit, auf die Toilette zu gehen, er darf jetzt wieder ein großes Töpfchen benutzen, weshalb er auch kaum noch in die Hose macht). Was bei den Kinder nur schwer einzuschätzen ist, sind die Ursachen ihrer Entwicklung bzw. ihres Verhaltens: was ist eigentlich normal und was wird von der Krankheit verursacht. Die Stimmungsschwankungen sind ein weiteres Beipiel dafür: es ist sehr schwer einzuschätzen, wie etwas „neues“ von Jonas angenommen wird. Er kann ganz schnell ausrasten, wenn ihm etwas unheimlich erscheint, oder er keine Lust dazu hat (o.k. das gibt es auch bei gesunden Kindern, aber wie gesagt).
Die Behandlung der Mukopolysaccharidosen.
Zunächst muß festgestellt werden, daß es derzeit nicht möglich ist, die Mukopolysaccharidosen ursächlich zu behandeln (keine sogenannte „Kausal-Therapie“). Der Defekt am Erbmaterial (Gen) kann nicht korrigiert werden.
Als die Ursache der lysosomalen Speicherkrankheiten (einschließlich der Mukopolysaccharidosen) erkannt worden war, dachte man natürlich als erstes daran, das fehlende Enzym auf verschiedene Weise zu ersetzen: Durch Blut-Transfusion, durch Übertragung von Plazenta-Gewebe (das nicht abgestoßen wird) oder durch Übertragung ganzer Organe (z. B. Leber). Diese Behandlungsversuche konnten die in sie gesetzten Erwartungen nicht erfüllen, da die in den Körper eingebrachten Eiweiß-Stoffe (Enzyme) sehr schnell an Wirksamkeit verloren, oder die Organe von den Empfängern abgestoßen wurden.
Durch eine Knochenmarks-Transplantation, die einen Eingriff mit einem sehr hohen Risiko darstellt, kann eventuell eine Linderung der Symptome, jedoch keine vollständige Heilung erreicht werden. Bei der Mukopolysaccharidose Typ III (Sanfilippo-Krankheit) und Typ IV (Morquio-Krankheit) ist sie auf jeden Fall wirkungslos.
Durch gentechnische Verfahren ist es möglich geworden, die für die Mukopolysaccharidosen verantwortlichen Enzyme in großen Mengen in herzustellen. Eventuell liegt hier eine Chance für eine wirkungsvolle Behandlung. So kann zum Beispiel eine andere lysosomale Speicherkrankheit (Gaucher-Krankheit) durch Zufuhr des bei den Patienten fehlenden Enzyms geheilt werden.
Nach heutigem Wissensstand könnte ein Durchbruch in der Heilung erzielt werden, wenn es gelingen würde, mit Hilfe von bestimmten „Vektoren“ (z.B. Viren) die Gene, die bei einer bestimmten Mukopolysaccharidose defekt sind, auf den Patienten zu übertragen und dort wirksam werden zu lassen. Neben einigen anderen ungelösten Problemen der biochemischen Forschung gibt es Bedenken, die gegen die Verwendung von Viren als Vektoren angeführt werden: Obwohl selbstverständlich nur „harmlose“ Viren zur Anwendung kommen sollen (von denen eine unbegrenzte Zahl zur Verfügung steht), kann noch nicht mit letzter Sicherheit ausgeschlossen werden, daß sich diese durch die genetischen Manipulationen so verändern, daß sie letzlich Krankheiten wie z.B. Krebs auslösen.
Da eine ursächliche Behandlung der Mukopolysaccharidosen noch nicht verfügbar ist, stehen die symptomatischen Maßnahmen ganz im Vordergrund: Ein Frühsymptom der Mukopoly-saccharidosen sind Leisten- und Nabelbrüchen, die gewöhnlich einer operativen Korrektur bedürfen. Polypen (Schleimhautwucherungen), die durch Verlegung des Nasen-Rachenraumes die ständigen Infekte der oberen Luftwege unterhalten, sollten entfernt werden. Hilfreich ist oft eine sogenannte „Parazentese“ (Entlastung eines Ergusses im Mittelohr über das eröffnete Trommelfell), um das Hörvermögen zu bessern. Bei allen operativen Eingriffen ist jedoch zu bedenken, daß Patienten mit einer Mukopolysaccharidose mit einem erhöhten Narkose-Risiko belastet sind. Im späteren Lebensalter bereitet die Umtriebigkeit der Kinder (besonders der Patienten mit Sanfilippo-Krankheit) große Probleme. Oft kann auf die Anwendung eines Medikamentes zur Beruhigung nicht verzichtet werden. Es ist jedoch zu beachten, daß diese Medikamente bei bestimmten Patienten ganz unterschiedliche, oder sogar gegenteilige Wirkungen hervorrufen können. Für jedes Kind muß das am besten geeignete Beruhigungsmittel zunächst ausgesucht und erprobt werden. Krampfanfälle mit entsprechenden Veränderungen der Hirnstromkurve (EEG) müssen wie andere epileptische Anfalle behandelt werden.
Die Speicherung von Mukopolysacchariden in der Darmwand führt häufig zu Durchfällen, die durch Diät allein oft nicht zu beheben sind. Es ist deshalb berechtigt, versuchsweise Medikamente einzusetzen, die die Darmtätigkeit abschwächen. Um schweren Verbiegungen der Wirbelsäule vorzubeugen, müssen relativ frühzeitig Stützkorsette angepaßt werden. Zur Verhinderung einer lebensbedrohlichen Querschnittslähmung ist bei jugendlichen Patienten mit einer Mukopolysaccharidose Typ IV (Morquio-Krankheit) eine operative Versteifung der oberen Halswirbelsäule erforderlich. Bei anderen orthopädisch korrigierenden Eingriffen am Skelett ist zu beachten, daß das Knochensystem als ganzes betroffen ist, und sich im weiteren Verlauf neue Probleme einstellen können.
Eine aktive und passive krankengymnastische Behandlung ist für alle Formen der Mukopolysaccharidose zu empfehlen; die Gelenkversteifungen (Kontrakturen) können dadurch hinausgezögert, aber nicht verhindert werden. Hornhauttrübungen lassen sich durch eine Transplantation von Fremdgewebe beheben, obwohl zu bedenken ist, daß sich die Symptome von Seiten des Auges auch nach dieser Operation bald wieder einstellen können. Kinder, bei denen die Symptome von Seiten des Zentralnervensystems ganz im Vordergrund stehen, entwickeln im Endstadium der Erkrankung eine Spastik, die große pflegerische Probleme bereitet. Medikamente können die Spastik mildern.Wenn die Patienten nicht mehr selbständig kauen und schlucken können, müssen sie über eine Sonde ernährt werden.
Die Probleme, die chronische Erkrankungen wie die Mukopolysaccharidosen mit sich bringen, verlangen von den EItern einen ununterbrochenen Einsatz, den sie für die Betreuung ihrer Kinder aufbringen müssen, und der viel an psychischer und physischer Kraft erfordert. Um so wichtiger erscheint es, daß die EItern versuchen sollten, eigene Interessen nicht ganz zu vernachlässigen, um die Kraft für diese schwere Aufgabe aufzubringen. Die Ärzte sind gefordert, mit Geduld und Einfühlungsvermögen den Kindern zu helfen, ihr Schicksal leichter zu ertragen.